Leute am Tisch, essen

Von new Glocal über regenerative Food bis hin zu den neusten Fleischalternativen

Das sind die Foodtrends von 2023

Die Welt der Lebensmittel und Ernährung stehen im ständigen Wandel. Was versteckt sich hinter „NEW GLOCAL“?  Wie können wir uns nachhaltiger ernähren? Wie sieht die Zukunft des Fleischkonsums aus? Mit diesen Fragen beschäftigt sich Hanni Rützler im zehnten Foodreport 2023.

FOOD – TRENDS

NEW GLOCAL „Die Neuordnung des globalen Lebensmittelhandels“

Multiple Krisen und ihre Auswirkungen rufen nach einer Re-Regionalisierung und Neuausrichtung des globalisierten Ernährungssystems. Dazu gehören beispielsweise regionale Agrarstrukturen, kürzere und transparente Lieferketten sowie ein neuer Fokus auf Binnenmärkte. All das sind Schritte hin zu mehr Resilienz und Nachhaltigkeit in der weltweiten Lebensmittelversorgung.

Die Trendbewegung in Richtung Glokalisierung wird von starken Dynamiken vorangetrieben: Die ökologischen Folgen einer rücksichtslos globalisierten Nahrungsmittelindustrie geraten zunehmend ins öffentliche Bewusstsein. Die ersten Ausfälle und Knappheiten in Pandemie-Zeiten zeigten bereits die Abhängigkeiten von globalisierten Lieferketten sowie deren Fragilität auf.

New Glocal wird daher kein vorübergehender Trend sein, sondern ist ein Vorbote der nächsten Evolutionsstufe in der globalen Lebensmittelproduktion, die sich durch einen neuen Fokus auf Regionalität und nachhaltiges Wirtschaften mit resilienten Verschränkungen zu überregionalen und globalen Strukturen auszeichnen wird.

Schritt für Schritt wird dies auch zu einer Neuausrichtung des Sortiments in Supermärkten, aber auch zur Ausweitung des internationalen Direktvertriebs führen.

VEGANIZING RECIPES „Klassische Gerichte im neuen Gewand“

Vegane Interpretationen traditioneller Gerichte stehen im Fokus der Zukunft. Unterstützt wird dieser Weg durch neue Hightech-Imitaten von Fleisch und Fisch, sowie fleischlose Adaptionen, die ohne komplizierte Zutatenliste glänzen. So wie Chili sin Carne inzwischen genauso anerkannt ist wie Chili con Carne, wird es weitere Klassiker aus den verschiedensten Küchen geben, die sich als gleichwertige Alternativen durchsetzen.  Der Wettbewerb um das Geschmackserlebnis, das dem Original am ähnlichsten ist – oder es sogar übertrifft -, ist bereits im vollen Gange und wird uns in den kommenden Jahren mit weiteren Ersatzprodukten, Kochbüchern, Hilfsmitteln und kreativen Rezeptideen bereichern. Der Peak der Veganisierung ist noch längst nicht erreicht.

Man muss nicht vegan leben, um gerne mehrmals pro Woche rein pflanzlich, aber selbstverständlich auch richtig gut essen zu wollen.
Katharina Seiser
Kochbuchautorin und Journalistin (Fensl 2015)

REGENERATIVE FOOD „Nachhaltige Lebensmittel auch jenseits von Bio“

In Zukunft rückt im Sinne von „Regenerative Food“ die Regeneration des Bodens und die Biodiversität in den Mittelpunkt – von Spitzengastronom:innen sowie großen Lebensmittelunternehmen. Es ist der nächste Schritt der Agrarwirtschaft, um den Planeten wieder gesünder zu gestalten. Mittelfristig reihen sich die Methoden der regenerativen Landwirtschaft als eine Komponente neben weiteren wichtigen Kulturtechniken wie organischer Langwirtschaft, Permakultur-Techniken und Lowtech-Methoden ein, die alle auf den größeren, dringend anstehenden Wandel in der Agrarwirtschaft einzahlen. Mit „Regenerative Food“ sollen nachhaltige Lebensmittel auch jenseits von Bio möglich sein. Pflanzliche Ernährung allein ist nicht die Lösung, denn auch pflanzliche Lebensmittel können eine schlechte Energie- und Nachhaltigkeitsbilanz haben, wenn sie auf eine nicht regenerative Weise angebaut werden. Trendprognose: Regenerative Food wird sich auch als Konsum- und Marketing-Trend weiter durchsetzen.

Feld

THEMENSCHERPUNKTE

MEAT “Die vielfältige Zukunft des Fleischkonsums“

Plant-based Food hat sich zu einem der wichtigsten Food-Trends unserer Zeit entwickelt. Somit verliert Fleisch seine Rolle als

Leitprodukt unserer Esskultur – zumindest in den Visionen innovativer Lebensmitteltechnolog:innen. Doch neben pflanzenbasierten Produkten kündigen sich auch weitere Alternativen an, wie Alt-Protein (alternative Proteine, z.B. aus Pflanzen, Pilzen, Insekten, Algen und mikrobieller Fermentation) und Cell-cultured Food (kultiviertes, aus tierischen Zellen gewonnenes Fleisch und Fisch). Welche Fleischalternativen gibt es, wer sind die Vorreiter der Branche, welche Herausforderungen müssen noch gemeistert werden und welche disruptive Technologie könnte das gesamte Lebensmittelsystem umkrempeln?

All diesen Fragen liegt ein heroisches Narrativ zugrunde: Die Schlacht zur Rettung des Planeten wird auf den Tellern gewonnen.

Die Lebensmittelindustrie folgt der veganen Bewegung, weil Produktinnovationen fast nur mehr auf dem Gebiet der Ersatzprodukte möglich scheinen.
Hanni Rützler
Foodreport 2023
In Ländern ohne große Nationalküchen erobern Ersatzprodukte schneller die Teller der Konsument:innen.
Hanni Rützler
Foodreport 2023
Die Erzeugung von tierischen Proteinen aus Mikroben könnte schon in wenigen Jahren zu einer wichtigen Säule für die Produktion fleischfreier Lebensmittel werden.
Hanni Rützler
Foodreport 2023

FUSION „Die kulinarische Globalisierung unseres Alltags“

Neben dem Trend zu mehr Regionalität und Lokalität auf der Ebene der Ausgangprodukte, steigt die Internationalisierung auf der Ebene der Speisen. Dies zeigt sich neben der Integration von exotischen Lebensmitteln durch eine neue Lust am Fusionieren und Vermischen von Küchenstilen und -traditionen. Verbreitet wird dieser Trend rasant auf Social Media, insbesondere des Newcomers TikTok, wo das fröhliche Experimentieren mit Zutaten und Zubereitungsarten viele begeistert. Fusion is the New Normal! Vor allem Delivery Food macht das individuelle Zusammenstellen von einzelnen Zutaten möglich und somit entstehen exotische Neukreationen von klassischen, einfachen Gerichten.

BRANCHEN – INSIGHT

RETAIL VISIONS – DAS NACHHALTIGKEITSBEWUSSTSEIN VERÄNDERT DIE WELT DES LEBENSMITTELHANDELS

Künftig wird das Sortiment des Lebensmitteleinzelhandels auf Wünsche und Werte einer wachsenden Anzahl an Menschen, die nachhaltiger und fairer einkaufen wollen, entschiedener Bezug nehmen müssen. Die aktuelle Lage sieht allerdings anders aus: Obwohl Konsument:innen viel Wert auf nachhaltige und soziale Gerechtigkeit legen, diktieren Preis und Convenience die Wahl ihrer Lebensmittel. Der eigene Anspruch, nachhaltig einzukaufen, wird durch fehlende oder halbherzige Angebote bei den wichtigsten Handelsunternehmen deutlich erschwert. Impulse liefern vor allem engagierte Produzent:innen und Retail-Entrepreneur:innen, die mir Konzepten und Lösungen aufzeigen, wie der Lebensmitteleinzelhandel nachhaltig gestaltet werden kann. Vor allem der Boom von E-Food hat die Sichtbarkeit und Akzeptanz von alternativen Einkaufsmöglichkeiten zum Supermarkt erhöht. Wichtige Hebel hin zu mehr Nachhaltigkeit sind nicht nur die Anpassung des Sortiments, sondern auch das Neudenken im Category Management: Vom Aufbau, von der Wegführung und Regalordnung bis zur Produktplatzierung können sich Märkte hier als Unterstützer für bewussten Konsum präsentieren, statt nachhaltigen Konsum zu erschweren. Es braucht also eine ganzheitliche Herangehensweise, um Märkte nachhaltiger und für die kommenden Generationen attraktiver zu gestalten.

Es gibt nur wenige Orte, an denen der ökologische Fußabdruck eines Verbrauchers und einer Verbraucherin deutlicher wird als im Lebensmittelgeschäft.
Foodreport
2023

Der Foodreport 2023 von Hanni Rützler steht im Sinne der Nachhaltigkeit. Wir sehen eine Neuordnung des globalen Lebensmittelhandels, neue Interpretationen von traditionellen Gerichten sowie eine starke Bewegung Richtung Regenerative Food. Fleischalternativen entwickeln sich weiter und die Konsument:innen zeigen ein verändertes Nachhaltigkeitsbewusstsein – all das spiegelt sich in der Welt des Lebensmittelhandels wider.

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