Für die einen ist Essen vor allem Genuss. Für andere ist es eine Art Lifestyle. Immer mehr Menschen sehen in dem, was auf ihrem Teller landet, aber auch ein Stück Lebensqualität. Eine Richtung, die auch viele Food Trends einschlagen. Superfood, Low Carb, Functional Food – sie alle drehen sich um eine ausgewogene Ernährung. Mit anderen Worten: Genießen ja, aber gerne auch gesund und abwechslungsreich. Für Profi-Köche verbirgt sich dahinter ein großes Potenzial für das eigene Angebot. Denn mit passenden Gerichten können sie gezielt Akzente auf ihrer Speisekarte setzen und sich gegenüber dem Wettbewerber abheben.
Warum ist Eiweiß überhaupt so beliebt und für unsere Ernährung so wichtig? Um das besser zu verstehen, machen wir einen kleinen Abstecher in das Reich der Biochemie und Ernährungswissenschaft.
Vom Körperbaustein zum Nährstoff: Was ist Eiweiß?
Chemisch betrachtet ist jedes Eiweiß zunächst einmal ein Molekül. Es besteht aus Ketten von Aminosäuren und wird von speziellen Verbindungen (sogenannte Peptidbindungen) zusammengehalten. Von insgesamt ca. 270 existierenden Aminosäuren bilden nur 20 Eiweiß. Diese werden als proteinogene Aminosäuren bezeichnet. Elf der proteinogenen Aminosäuren kann der menschliche Organismus selbst bilden. Sie gelten daher als entbehrlich (früher: nicht-essentiell). Und was ist mit den restlichen neun? Diese unentbehrlichen Aminosäuren (früher: essentiell) müssen über proteinhaltige Nahrung zusätzlich aufgenommen werden.
In der Ernährungswissenschaft spielen Proteine eine etwas andere Rolle. Sie zählen neben Kohlenhydraten und Fetten zu den Hauptnährstoffen. Mit vier Kilokalorien pro Gramm liefern sie dem Körper wichtige Energie. Zudem sind es komplexere und variablere Energiequellen als Kohlenhydrate und Fette.
Als Träger unserer Erbanalgen sind sie elementare Bausteine im Körper. Haut, Haare, Nägel, Zähne, Organe, Muskeln, Blut – sie alle bestehen aus Eiweiß. Auch Antikörper, Enzyme oder Hormone enthalten Eiweiß. Da sich die dazugehörigen Körperzellen ständig erneuern, müssen wir regelmäßig Aminosäuren bzw. Proteine zu uns nehmen. Vor allem die unentbehrlichen. Wenn wir nun eiweißhaltige Lebensmittel essen, werden die Nahrungsproteine in einzelne Aminosäuren zerlegt. Diese werden dann neu zusammengesetzt, je nach Funktion, die sie im Körper übernehmen sollen.
Biologische Wertigkeit – Das Protein-Puzzle im Körper
Zerteilen und dann neu zusammensetzen. Ganz schön umständlich. Doch dafür gibt es einen guten Grund: Nahrungsproteine haben eine andere Struktur als körpereigenes Eiweiß. Manche Nahrungsproteine sind den körpereigenen Proteinen aber zumindest sehr ähnlich. Und das ist gut. Denn je mehr sich die Struktur der beiden ähnelt, umso besser kann der Organismus das mit der Nahrung aufgenommene Eiweiß verwerten. Man spricht hier von biologischer Wertigkeit.
Biologische Wertigkeit - (K)ein Ei gleich dem anderen

Proteine tierischer Herkunft, wie sie uns in Fleisch, Fisch, Eiern, Milch und Produkten daraus vorliegen, versorgen uns i.d.R. mit allen 9 unentbehrlichen Aminosäuren und können gut in körpereigenes Protein umgebaut werden. Proteine pflanzlicher Herkunft enthalten häufig nicht alle unentbehrlichen Aminosäuren und weisen ein Defizit an einer oder an mehreren unentbehrlichen Aminosäuren auf. Dadurch ist i.d.R. lediglich ein limitierter Umbau in körpereigenes Protein möglich ist. Durch die gezielte Kombination von pflanzlichen Lebensmitteln wie z.B. Getreide mit Hülsenfrüchten kann dies ausgeglichen werden. Die biologische Wertigkeit ist vor allem auch bei einer überwiegend pflanzlichen Ernährungsweise wichtig zu berücksichtigen
Je höher die Wertigkeit, umso besser lässt sich das Protein verarbeiten. Als Referenzwert wird meist das Hühnerei mit einem Wert von 100 genommen. Daraus ergibt sich dann beispielsweise:

Trotz der hochwertigen Kartoffel: Grundsätzlich besitzen tierische Lebensmittel eine höhere biologische Wertigkeit als pflanzliche Produkte.
Drei Tipps, mit denen Sie die biologische Wertigkeit Ihrer Gerichte erhöhen
Ob aus Gründen einer ausgewogenen Ernährung, pflanzlichen Ernährungsweise oder speziell zur Unterstützung des Muskelaufbaus – mancher Gast achtet sehr genau auf seine Eiweißaufnahme. Und diese Zielgruppe kann man bereits mit kleinen Kniffen gezielt ansprechen. Zum Beispiel, indem man die biologische Wertigkeit im Speisenangebot bewusst erhöht. Wie das geht? Drei Tipps:
- Bieten Sie Gerichte mit kombinierten eiweißhaltigen Lebensmitteln an. Zum Beispiel Kartoffeln mit Quark, Ei mit Mais oder Rindfleisch mit Kartoffeln.
- Auch für vegane Gäste sind gezielte Lebensmittelkombinationen der Schlüssel zu einer besseren Proteinverwertung. Besonders geeignet sind Gerichte, die gleichzeitig Getreide, Hülsenfrüchte und Kartoffeln enthalten. Auch Sojaprodukte weisen eine hohe Proteinqualität auf und und bereichern durch ihre biologische Wertigkeit des Proteins eine pflanzenbetonte Ernährung
- Bestimmte Verarbeitungsarten können sich positiv auf die biologische Wertigkeit auswirken. Dazu gehören das Keimen und Erhitzen. Solche Prozesse verändern die Proteinstruktur bei pflanzlichen bzw. tierischen Produkten.
Egal, welche der drei Varianten man umsetzt, die Idee dahinter ist die gleiche: Man verändert die Struktur des Nahrungsproteins so, dass es sich besser in körpereigenes Eiweiß umwandeln lässt.
Wie viel Eiweiß brauchen wir?
Der durchschnittliche Bedarf an Eiweiß ist nicht sehr hoch. Eine Orientierung gibt die DGE. Je nach Altersgruppe hat sie Empfehlungen zusammengestellt. In der folgenden Tabelle finden Sie alle Angaben auf einen Blick.
Altersgruppe | Eiweiß in g/kg Körpergewicht pro Tag | |
Kinder und Jugendliche | ![]() | |
1 bis unter 4 Jahre | 1,0 | |
4 bis unter 7 Jahre | 0,9 | |
7 bis unter 10 Jahre | 0,9 | |
10 bis unter 13 Jahre | 0,9 | |
13 bis unter 15 Jahre | 0,9 | |
15 bis unter 19 Jahre | 0,9 (männlich), 0,8 (weiblich) | |
Erwachsene | ||
19 bis unter 25 Jahre | 0,8 | |
25 bis unter 51 Jahre | 0,8 | |
51 bis unter 65 Jahre | 0,8 | |
65 Jahre und älter | 1,0 |
In der Regel nehmen die meisten Menschen eher zu viel Eiweiß mit der Nahrung auf als zu wenig. Übrigens: Überschüssige Aminosäuren wandelt der Körper zu Harnstoff um und scheidet sie dann mit dem Urin über die Nieren wieder aus.
Trend: High Protein: Was verbirgt sich dahinter?
Ein gutes Beispiel dafür ist der aktuelle Trend rund um High-Protein-Produkte. Was sich dahinter verbirgt? Letztlich ganz übliche Lebensmittel, wie sie fast jeder Koch täglich verarbeitet. Ihr „special feature“: sie sind besonders eiweißreich.
Protein - Alles Eiweiß, oder was?
Was Protein mit Eiklar zu tun hat? Zunächst einmal den Namen. Denn sowohl der Nährstoff als auch die Flüssigkeit rund um den Dotter werden umgangssprachlich als Eiweiß bezeichnet. Doch die beiden verbindet noch mehr. Eiklar enthält nämlich Protein (ca. 11 Gramm pro 100 Gramm). Erstaunlich: Im Eiklar ist der Proteinanteil geringer als im Eigelb. Hier liegt er ca. bei 16 Gramm (pro 100 Gramm).
Proteine – Ein Pro für ausgewogene Ernährung
Früher stand eine eiweißreiche Ernährung vor allem bei Sportlern hoch im Kurs. Doch das hat sich längst geändert. Schließlich gilt Eiweiß nicht nur als Kraftpaket beim Muskelaufbau, sondern auch als sättigend. Das macht es zur idealen Ergänzung, wenn man abnehmen, sein Gewicht halten oder sich ausgewogen und bewusst ernähren möchte. Grund genug für Profi-Köche, Eiweiß im Speiseplan zu berücksichtigen..
Eiweißreich kochen – Ein Trend voller Möglichkeiten
Der große Vorteil für Gemeinschaftsverpflegung und Gastronomie: Ob Schweinefleisch, Forellen, Haferflocken oder Walnüsse – Eiweiß zieht sich fast durch die gesamte Lebensmittelpalette. Dadurch haben Köche einen großen Spielraum. Sie können sich kreativ ausleben und ihren Gästen gleichzeitig viele Gerichte mit einem hohen Anteil an Eiweiß anbieten. Welche Lebensmittel sind nun aber besonders proteinhaltig? Hier eine Übersicht:
Pflanzliche Produkte | ![]() | ||
Lebensmittel | Gehalt an Eiweiß pro 100g | ||
Tofu, gegart | 16 | ||
Walnüsse | 16 | ||
Haferflocken | 13 | ||
Linsen, gegart | 9 | ||
grüne Erbsen, gegart | 7 | ||
Vollkornbrot | 7 | ||
Vollkornnudeln, gegart | 6 | ||
Rosenkohl, gegart | 4 | ||
Champignons, gegart | 4 | ||
Sojadrink | 3,5 | ||
Bohnengrün, gegart | 3 | ||
Kartoffeln, geschält, gekocht | 2 |
Tierische Produkte | ![]() | ||
Lebensmittel | Gehalt an Eiweiß pro 100g | ||
Emmentaler (mind. 20% Fett i.Tr.) | 34 | ||
Schweinefleisch, gegart | 28 | ||
Forelle, gegart | 23 | ||
Quark (mind. 20% Fett.i.Tr.) | 14 | ||
Ei, gekocht | 12 | ||
Kuhmilch (1,5% Fett) | 3 | ||
Joghurt (1,5% Fett) | 3 |
Eiweiß, wohin das Auge reicht. Die perfekte Grundlage, den Proteintrend aufzugreifen. Einen kleinen Haken gibt es aber doch: Viele dieser Lebensmittel sind sehr fettreich – und in großen Mengen nicht ganz so gut mit einer ausgewogenen Ernährung zu vereinen.
Pro Protein: Ein Ernährungstrend wie gemacht für die Profi-Küche
Ob bei der Menüplanung oder der Rezepterstellung – ein Blick auf den Proteingehalt einzelner Lebensmittel kann sich lohnen. In so manchem Produkt finden sich so nämlich verborgene Qualitäten. Außerdem bieten Köche ihren Gästen damit nicht nur leckere Gerichte. Sie leisten im Idealfall auch einen Beitrag zur optimalen Eiweiß-Nutzung im Körper. Und ganz nebenbei steigern sie so auch noch das Trendpotenzial auf der Speisekarte.